Universität Bonn

Abteilung für Musikwissenschaft/Sound Studies

Mikrotonalität in Mexiko. Konzeptualisierung und Realisierung des »Sonido 13« von Julián Carrillo (1921–1925).

Julián Carrillo kann als erster mikrotonaler Komponist Lateinamerikas gelten. Darüber hinaus beanspruchte er aber auch, der erste mikrotonale Komponist der Welt gewesen zu sein und mit seinem sogenannten »Sonido 13« die Musik ganz grundsätzlich revolutioniert zu haben. Diese überzogene Behauptung – die ihm immerhin das Bundesverdienstkreuz 1956 einhandelte – erklärt sich nicht nur aus einer gewissen Überheblichkeit, sondern auch aus der Art und Weise wie sich Carrillo in Mexiko – das heißt an der Peripherie der globalen Kunstmusik – strategisch zu positionieren versuchte.

Die Dissertation nimmt dieses Spiel mit globalen »Verbindungen und Nicht-Verbindungen« (Wenzlhuemer) in den Blick. Dabei wird eine ganze Reihe an historischen Ungenauigkeiten, die die Carrillo-Forschung weiterhin unkritisch reproduziert, korrigiert und mit zahlreichen, teils unbekannten Quellen geradegerückt: Das erste Konzert des Sonido 13 fand nicht am 15. Februar 1925 statt, es war nicht Carrillo selbst, der die ersten mikrotonalen Instrumente des Sonido 13 erfand, und überhaupt ist zu hinterfragen, ob es sich beim Sonido 13 wirklich um ein auf Sechzenteltönen beruhendes Kompositionssystem handelte. Abzulesen ist das etwa an der Edition der ersten fünf Kompositionen des Sonido 13, die die Dissertation erstmals vorlegt.

Vieles deutet darauf hin, dass Carrillo weitaus konventioneller komponierte, als es ihm selbst lieb gewesen wäre. Doch dass auch das mit der historisch-politischen Situation des Komponisten im postrevolutionären Mexiko der 1920er-Jahre zu tun hatte, versucht die Dissertation zu zeigen.
 
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